Surround
Die Protools-Software 5.x verfügt erstmalig über alle gängigen Surround-Standards. Die Bedienung der Surroundoberfläche ist optimal gelöst.
Im Kapitel "Organisation von Protools" wurde auf die ProTools-Struktur allgemein hingewiesen (Session, Region, Track, Voice etc.);
dort und im Kapitel "Mixer-Konzept" wurde insbesondere auf Fragen des Surroundformats eingegangen:
Im Folgenden wird auf die speziellen Surround-Formate, das I/O-Setup (zunächst für Stereo, dann für 5.0) und die Verarbeitung des I/O-Setups im Mixer eingegangen:
Zur Ergänzung merke man sich:
- nur MIX- und HD-Systeme bieten Surroundfeatures!
- Um Surround überhaupt nutzen zu können, muss der sogenannte "SurroundMixer" installiert sein! Jede Anwendung eines Surroundformats nutzt alleinig dieses Plug-In (auch, wenn als Sub-Paths Stereo oder Mono-Kanäle definiert und geroutet werden).
- Als Mixing-Formate werden LCR, Quad, LCRS, 5.1 bzw. 5.0, 6.1 bzw. 6.0 sowie 7.1 bzw. 7.0 unterstützt;
eine ganz bestimmte Zuordnung von Surroundkanälen zu den Ausgängen / Lautsprechern sehen die Surroundformate Dolby Surround (Pro Logic), Dolby Digital, Digital Theatre Systems (DTS) und SDDS vor (siehe Tabelle).
Allerdings werden für das Encoding und Decoding von z.B. Dolby Surround spezielle Plugins benötigt, damit eine Umformung in ein kompatibles Stereo-Format erfolgen kann (vor allem für das Wohnzimmer, Rundfunksendung, DVD etc.) bzw. bestimmte raumakustische Bedingungen z.B. durch Filterung, Dynamikkompression geschaffen werden.
- Die Surroundbedienung unter OS9 ist sehr ähnlich zu derjenigen unter OSX (daher erscheint diese Beschreibung noch unter OS9)
Im Studio der TU steht ein professioneller stand-alone-DTS-Encoder (von Quadro bis 6.1) zur Verfügung. Der Encoder unerstützt die beiden Standards Audio-CD (44.1 kHz, 16 Bit) und DVD (48 kHz, 24 Bit). Andere Software ermöglicht die Encodierung von AC3 (DVD-Studio-Pro).
Surroundformate
Multichannel |
Surround Format |
Lautsprecher
EN 324 |
Kanalbezeichnung |
LCR |
Cinema Stereo |
1 2 3 |
L C R |
Quad |
Qhadrofon
2+2 |
1 3 9 7
oder
12 4 9 7 |
L R Ls Rs |
LCRS |
Dolby Surround (Pro Logic)
3+1 |
1 2 3 8 |
L C R S |
5.1 |
Dolby - Film, Dolby Digital
(AC-3)
3+2+1 sub
DTS
|
1 2 3 9 7
1 3 2 - 9 7
1 3 9 7 2 -
|
L C R Ls Rs LFE
L R C LFE Ls Rs
L R Ls Rs C LFE
|
5.0 |
vorgezogenes TU Format |
1 2 3 7 9 |
L C R Rs Ls |
6.1 |
Dolby E
3+3+1 sub |
1 2 3 9 8 7 - |
L C R Ls Cs Rs LFE |
7.1 |
SDDS (Sony Dynamic Digital Sound)
5+2+1 sub |
12 1 2 3 4 9 7 - |
L Lc C Rc R Ls Rs LFE |
7.0 |
vorgezogenes TU Format (Kreis) |
12 1 2 3 4 7 9 |
L Lc C Rc R Rs Ls |
- L=Left;
- R=Right;
- C=Center;
- S=Surround / hinten;
- Ls= Left Surround / hinten links;
- Rs= Right Surround / hinten rechts;
- Lc= Left Center / links vorne mitte;
- Rc= Right Center / vorne rechts mitte;
- Cs=Center Surround / hinten mitte;
- LFE=Subwoofer (low Frequency Effects / Enhancement) ist optional, typisch bei Filmanwendung (Explosionen etc.). Gewonnen wird das LFE-Signal durch die Summe aller stark tiefpassgefilterten Kanäle.
Falls kein Subwoofer vorgesehen ist, so wird das Format auch ".0" genannt (wie 5.0, 7.0); man kann auch die summierten sehr tiefen Spektralanteile aller Kanäle wiederum auf alle Lautsprecher führen.
Man kann aber auch dieses Signal als unabhängigen sechsten bzw. achten Kanal auffassen (allerdings ist er nicht diskret anzusteuern!).
- Über Surroundformate informieren auch die Firmen (siehe Links in der Tabelle).
- Jede Surroundsteuerung sieht den Parameter "Divergenz" vor. Damit ist ein mehr oder weniger starkes Übersprechen gemeint, um einen Richtungseffekt über mehrere Lautsprecher auch den Hörern zu ermöglichen, die nicht genau in der Mitte sitzen: das Panning in den Kanal "L" mit Einstellung einer gewissen Divergenz würde z.B. den Klang eben nicht nur im Lautsprecher "L" allein erklingen lassen, sondern (leiser) auch in den benachbarten Lautsprechern (C und Ls bei 5.1 bzw. Lc und Ls bei 7.1).
- Die genannten Surroundformate wurden für den Film entwickelt.
Das TU-Studio besitzt keine zusätzliche Hard- und Software für diesen Bereich.
Die nach optischen Kriterien aufgestellten Definitionen von Surround sind ohnehin für eine rein akustische Präsentation nicht unbedingt sinnvoll; es wird daher davon ausgegangen, sich von den Prämissen der Filmindustrie loszulösen und die bestehenden Surroundmöglichkeiten frei zu nutzen und vor allem die Kanalzuordnung und Lautsprecheraufstellung besonders hinsichtilich einer besseren Seitenabbildung neu zu gestalten.
Das I/O-Setup
Bei der Konfiguration einer neuen Session stößt man auf einige Hinweise des Surroundformats:

Die Liste des Pullup-Menüs "I/O Settings" zeigt Firmen-Default-Setups (oberer Bildteil) incl. "Last Used" und die im Folder/I/O Settings bereits definierten User-Daten (unterer Teil), die alle das Affix ".pio" aufweisen.
Schauen wir uns zunächst ein einfaches und typisches Stereo-I/O-Setup an:

Aus dem Bild erhalten wir Informationen über
- angeschlossene I/O-Interfaces (hier ein ADAT-Interface, dessen beide Ports via Y-Kabel an die MIX-Karte angeschlossen sind)
- die Synchronisierung des Systems auf das erste Stereopaar des ADAT-IF ("optical, 1 und 2")
- die Benennung der "Path" und "Sub-Path" als Verbindungen zu Inputs, Outputs, Inserts, Bus
- die Art des jeweiligen Path: Stereo bzw. Mono von 8 Paths mit jeweils zwei Sub-Paths
- schließlich die Zuordnungsmatrix, wo man die Zuweisung von Path und Peripherie-Anschluss vornimmt; diese Matrix kennt man aus der Mischpulttechnik ("Ausgangsmatrix") und stellt ein äußerst starkes Werkzeug dar, welches in gewisser Weise die Loslösung von der Stereoidiologie der Pärchen ermöglicht.
- die Bedienelemente unten verwalten den Vorgang: die Bezeichnungen sind selbsterklärend.
als "Default" ist jederzeit ein Default-Setup abrufbar; man kann über "Import Settings" bzw. "Export Settings" die Setup-Files aufrufen bzw. abspeichern (empfohlen wird der oben gezeigte Folder im DAE-Folder).
- die grüne Status-"LED" dient auch dazu, die Paths ein- oder abzuschalten -
hier können erhebliche Konflikte entstehen, wenn Nutzer die Tragweite des I/O-Setups nicht überschauen
deaktivierte Paths werden in den Aufklappmenüs kursiv gekennzeichnet
Entsprechende Inhalte über die Matrix zeigen die anderen Aufklappmenüs:
die Insert-Matrix
die Bus-Matrix (mit einem Surround-Path "Bus 5.0")

die Output-Matrix (auch hier bereits ein Surround-Path "Surround 1" angelegt):

Die Pathnamen werden wie immer mit sinnvollen Namen versehen (übrigens: wenn man einmal mit der Eingabe per Doppelklick auf den Pathnamen begonnen hat, so kommt man mit der Tabulatortaste schnell zur nächsten Eingabe).
Interessant ist hier die freie Zuordnung in der Matrix, die unter anderem das berüchtigte Stereo-Paar-Konzept aufhebt (siehe Kommentar oben):
die Zuordnung von Path "7-8" mit Sub-Path "7" bzw. "8" wurde auf zwei gerade Ausgänge geroutet, nämlich 4 und 6; ein Panning in Protools zwischen linkem und rechtem Kanal von Path "7-8" wirkt sich als Panning auf die physikalischen Ausgänge 4 und 6 aus (was normalerweise in Mischpulten nicht vorgesehen ist).
Ein logisch auf dem Stereo-Setup basierendes Konzept gilt auch für die Surroundformate - allerdings betrifft dies (siehe oben) nur Systeme mit MIX- und HD-Karten und setzt voraus, dass der Surroundmixer installiert ist:
Zunächst ein Beispiel für das 5.0-Format:
man definiert einen neuen Path und sucht dann die gewünschte Art des Surroundformats aus:

ausgewählt wurde hier 5.0; dann wird das Routing durch Klicken in die Zeile automatisch initialisiert:
"Path 1", wie er automatisch benannt wird, belegt hintereinander die Ausgänge 1 bis 5. Die Reihenfolge kann man im Aufklappmenü "Default Path Order" bestimmen :
.
Im weiteren Verlauf wird wegen seiner eher verständlichen Reihenfolge das Film-Format beibehalten (und empfohlen).
Da die acht im Studio 325 zur Verfügung stehenden Lautsprecher kreisförmig im Uhrzeigersinn angeordnet sind, wäre eine Umstellung sinnvoll:
die linken Surroundkanäle "L" und "Ls" sollen beide links stehen: daher wird "Ls" auf Ausgang 7 umgelegt.
Der Surround- "Path 1" wurde inzwischen umbenannt auf "Surround 1" und hat drei Sub-Paths erhalten mit dem Namen "S1 LCR" (siehe Aufklappmenü oben) sowie "St sur" und "Center".
der Stereo-Sub-Path ist auf die hinteren Lautsprecher geroutet, der Mono-Sub-Path bedient nur den Centerkanal (könnte im Fall von 5.1 auch der Effektkanal sein!). Diese Möglichkeit ist insofern interessant, als eine Mischung von Unterformaten frei gestaltet werden kann.
Wie erscheint nun das gewählte und editierte I/O-Setup im Protools-Mischpult?
Im folgendem Montage-Bild haben wir einen sehr einfachen Mixer (beachten Sie das Kommentarfeld der Tracks!); das sogenannte Mix-Window zeigt:
- ein Stereo-Aux-Track; der Insert zeigt einen Signalgenerator als Plugin; der Ausgang ist auf "Bus 5.0" geroutet (siehe Bus-I/O-Setup).
man beachte hier das aktivierte Fenstersymbol, was aussagt, dass das Surround-Scope im rechten Bild zu "Aux 2" gehört!
- ein 5.0-Audiotrack, dessen Input von "Bus 5.0" empfängt und dessen Output auf das Interface "Surround 1" geroutet ist (siehe I/O-Out-Setup oben)
- einen Masterfader für den Surround-Ausgang, der durch das direkte Routen natürlich die gleiche Pegelanzeige aufweist wie die Quelle (Audio Track)
- dem Surround-Scope-Fenster des Aux 2 - Track; es hat für den linken und rechten Kanal eine separate Anzeige ("Scope" leitet sich von "Oszilloskop" ab).
man beachte die Link-Schalter, wo die horizontale Bewegung synchronisiert ist.
Die Divergenz "f/r" ist auf 96 gestellt und wird im Scope als blaues Rechteck angedeutet.
Die Position des grünen Surround-Spots wird numerisch angezeigt; durch den Link sind rechte und linke Werte um den Centerkanal (ist 0) gespiegelt.

Im entsprechenden Edit-Window sehen wir
- die Surround-Regionen im 5.0-Audiotrack, die automatisch mit dem Tracknamen, der bekannten Durchgangsnummer beginnend mit 01 und einem Suffix versehen sind: anstelle der Stereo-Kennung .L und .R ist sinngebend .l, .C, .R, .Ls und .Rs angefügt.
- im rechten Audiofile-Fenster wird dieses Surroundfile mit "Audio 3_01 (5.0)" und seinen 5 Surround-Mono-Files aufgelistet.
Natürlich kann man ein solches Surroundfile-Set aus 5 diskreten Monofiles nicht als Ganzes in eine Stereo-Audio-Track ziehen!
- die Automation der Surroundbewegung kann im üblichen Gummibandmodus dargestellt werden, allerdings nur jeweils für einen Parameter (hier die Front-Position des linken Kanals = "f pos L"); eine zweidimensionale Darstellung ist als Linie im Track nicht vorgesehen - dafür dient das Scope!

Dieser Mix belegt folgende DSP-Leistung:
- Der SurroundMixer ist aktiviert (zusätzlich zur sogenannten "Mix Engine")
- der Generator wird unter Plug-In-Sharing aufgeführt
- Die DSP-Farm hat das PlugIn "StereoMixer" aktiviert .
