Ein Rückblick von Folkmar Hein
ich schaue zurück in die Geschichte und mache mir darüber Gedanken, wie eigentlich alles angefangen hat mit der Klangkunst in Berlin, eigentlich "West-Berlin", und wie steht es mit der Korrespondenz zum TU-Studio. Vergessen wir nicht, dass die noch junge EM nach dem Vorbild des WDR-Studios Köln und der GRM Paris die Aufführung von elektroakustischer Musik ohne Konzertsaal und ohne genaue Programmabläufe eher gemieden hat, denn in Köln wurde der große Sendesaal des WDR genutzt, in Paris der Olivier-Messiaen-Saal von Radio France. Das TU-Studio mit der Prägung durch Boris Blacher stand natürlich in der WDR-Tradition verankert und ich selbst hatte nach Gründung der "Klangwerkstatt" zusammen mit der HdK Berlin in den 70er Jahren keinen unbedingten Grund, von dieser Tradition abzulassen.
Ich denke, dass man für den Beginn der Klangkunst wirklich ein konkretes Jahr angeben kann, es ist das Jahr 1980. Zwar lebten in West-Berlin bereits Künstler, die sich mit Klangkunst, Klangobjekten, Installationen und Performances beschäftigten, sie kamen überwiegend aus der Bildenden Kunst; zwar gab es Institutionen, die solche Aktivitäten förderten wie die von Rolf Julius, Martin Riches, Rolf Langebartels und seiner Galerie Giannozzo: die Akademie der Künste, das Künstlerhaus Bethanien, das Berliner Künstlerprogramm des DAAD; der Eckpunkt aber dieser Entwicklung war die Ausstellung "Für Augen und Ohren" 1980 in der Akademie der Künste, kuratiert von Nele Hertling und René Block. - Nach der Ausstellung "Für Augen und Ohren" - sozusagen synchron dazu - praktizierte die Bauabteilung der TU mit seinem Leiter Gottfried Kupsch Kunstverstand: spätestens ab dem 27.1.1984 mit der Eröffnung des "Ton-Raumes" von Bernhard Leitner stand die Klangkunst mitten im praktischen Geschehen der Universität, sogar zentral in ihrem Hauptgebäude. Die klangliche Arbeit von Leitner wurde, und das ist einmalig, durch "Kunst am Bau" finanziert und von der TU-Bauverwaltung durchgesetzt und betreut. Draußen über der Straße des 17. Juni kreuzten sich derweil zwei grüne Laserstrahlen und rückten den TU-Standort auch in einen optischen Zusammenhang zur Stadtarchitektur. Die TU-Bauabteilung hatte bereits 1979 erste öffentliche Konzerten unterstützt, ab 1983 ermöglichte uns die TU-Bauabteilung im AEG-Gebäude Ackerstraße das Festival Inventionen zu veranstalten - darüber bin ich nach wie vor begeistert, und bin der Bauabteilung der TU sehr dankbar!
1984 realisierte Bill Fontana zum Abschluss seines DAAD-Stipendiums seine Installation "Entfernte Züge" auf dem damals noch leeren Gelände des Anhalter Bahnhofs (die 8 wetterfesten Lautsprecher, die Bill damals in den Schutt eingegraben hatte, befinden sich noch heute im Gerätearchiv des TU-Studios). Man kann sagen: ab 1985 wurden Installationen regelmäßig in unserem Studio produziert, auch in Verbindung mit Video (etwa die Arbeit "Die Macht der Simulation" 1984 für Doppel-Projektion von Born / Heine / Hein, Video-Installation im Künstlerhaus Bethanien).
Im Studio hatten sich ab 1980 flankierende Aktivitäten entfaltet: zwei Gruppen arbeiteten parallel an Raumklangsteuerungen, die ja in ähnlicher Weise beim Leitnerprojekt gefragt waren. Heraus kamen ab 1983 das sog. RKS (Schaller) und bald der sog. Midi-Mixer (Radmer, Radtke), in dessen Nachfolge schließlich das Programm SIGMA1 entstehen sollte. Dann ergab es sich, dass ich über eine Rundfunksendung, bezeichnender Weise mit "switched on Oskar Sala" betitelt (zu Salas 70sten Geburtstag, Juli 1980 im RIAS) auf deren Autor Klaus Ebbeke stieß, der eine wesentliche Rolle im Studio spielen sollte: er bekleidete bald den Lehrauftrag "Geschichte der EM" mit einer Einstellung, die die "Monochromie des Gedankens" zu brechen und endlich die Dominanz des WDR-Studios in Frage zu stellen, denn inzwischen hatten sich ja Bewegungen ereignet, die mit minimalmusic und Fluxus einen anderen Wind aus Amerika hinweg über die Mauer nach West-Berlin wehen ließen. Ebbeke pflegte auch Verbindungen zur "Szene", beispielsweise zur Galerie Giannozzo (er hatte 1985 für diesen Insiderort "Ein Raum für Edgard Varèse" im TU-Studio produziert - es war überhaupt die erste TU-Klangkunstproduktion). Ab 1985 wurde das Wort Installation fester Bestandteil im Produktionsverzeichnis des Studios.
An dieser Stelle passt auch ein kurzer Hinweis auf die Studioveranstaltung "EMhören", wo ich ab 1985 versuchte, in regelmäßigen Abständen (jeden Donnerstag 18h) Komponisten bzw. Klangkünstler vorzustellen, die an diesem Ort dem sachkundigen Publikum aus erster Hand berichten, ihre Werke kommentieren und vor allem ihre Musik vorführen können. Es verwundert nicht, dass ab 1987 Klangkünstler wie Robin Minard und Christina Kubisch zu Gast waren, denn sie arbeiteten bereits im Studio bzw. mit dem Studio zusammen in öffentlichen Veranstaltungen (z.B. E88). Weitere Klangkunstprojekte wurden nun regelmäßig vorgestellt: Rolf Langebarthels "Seilbahn"; Martin Riches diverse Soundmachines 1989. Später folgten Michael Schumacher und André Werner (1992), Götz Naleppa 1993, Klangfach 6 und Robin Minard 1994, Hildegard Westerkamp & Bill Fontana 1995, Francisco López & Christian Calon 1996, Francisco López & Nic Collins & STEIM & Sabine Schäfer 1997, usw.. Man kann hier leicht Spuren erkennen, die die öffentlichen Veranstaltungen in der Lehre und eben bei EMhören hinterlassen haben.
Alles in Allem waren in den 80er Jahren die Voraussetzungen für die Akzeptanz neuer Musik in Westberlin bestens gegeben: personell durch ein aufgeschlossenes Team, verwaltungstechnisch durch eine aufgeschlossenen Institutsführung (damals Carl Dahlhaus und Manfred Krause), technisch durch eine akzeptable Ausstattung (1984 begann das Computermusikzeitalter des Studios durch die Schenkung einer VAX 11/780 der Firma DEC {initialisiert durch Klaus Buhlert} und damit auch ein Wandel in Forschung & Lehre auf dem Sektor der digitalen Signalverarbeitung). Und im gleichn Zeitraum fing die wichtigste Komponente an zu gedeihen: ein geregelter Kontakt zu Künstlern, speziell zu denen des BKP des DAAD, erweitert durch ein Forum, wo die Kunst zur Aufführung geriet: dem Festival Inventionen. Dieses Festival aktueller Musik wurde 1982 von DAAD und TU gegründet (verantwortlich Helga Retzer und Folkmar Hein; der Name des Festivals kam durch Vorschlag von Sukhi Kang zustande!) und integrierte bald Klanginstallationen in das Programm. Überhaupt fand eine allgemeine wunderbare Öffnung in alle Kunst- und Medienrichtungen statt, im Studio fanden sich Studenten der TU, HdK, dffb und FU, Schulklassen, Volkshochschüler sowie interessierte Menschen aus der Stadt zusammen mit den Künstlern, etwa wie es in der Stadtkunstszene auch der Fall war: Berlin wurde nun der Magnet für Künstler aus aller Welt!
Tragisch war der tödliche Unfall von Helga Retzer im August 1984, hatte sie doch die Flut des Neuen forciert und kultiviert! - Die Leitung der BKP-Musikabteilung übernahm für einige Jahre René Block, der durch seine Fluxuserfahrungen die aufgeweckte Klangkunstlandschaft weiter beflügelte.
Hier ein tabellarischer Überblick über das Installations- und Performanceprogramm im Rahmen des Festivals Inventionen, das vor allem für die DAAD-Stipendiaten ein Forum ihres einjährigen Berlinaufenthaltes war:
Bill Fontana |
Sound surroundings, Klanginst. Ackerstaße |
Inventionen 84 |
Bernhard Leitner |
Ton-Raum-Variationen, TU-Hauptgebäude |
Inventionen 84 |
Maryanne Amacher |
The critical band - from "music for sound joined rooms", Ackerstraße |
Inventionen 85 |
Rolf Julius |
Klanginstallation in Halle F Ackerstr. |
Inventionen 85 |
Martin Riches |
Percussion Piece No. 1 Piece for Four Radios Sound Machine |
Inventionen 85 |
Henning Christiansen |
"als die Sprache platzte und die Musik abfuhr - und der Mond erscheint" |
Inventionen 86 |
Alvin Curran / |
Walkman Berlin 1986, ein Radio-art-Spaziergang |
Inventionen 86 |
John Driscoll |
a hall is all, akustische Installation, Ackerstraße |
Inventionen 86 |
John Driscoll / Lerman |
Sputtering energy (at 500 times the true size), Ackerstraße |
Inventionen 86 |
Stephan von Huene |
"die Zauberflöte", akustische Installation, Ackerstraße |
Inventionen 86 |
Maryanne Amacher |
"Music Rooms" in der daad-galerie, 1987 |
Musik im Februar |
Ausstellung |
"Broken Music", daad-galerie & gelbe musik {Schallplatten und Schallplattenobjekte von bildenden Künstlern}; kuratiert von Ursula Block & Michael Glasmeier. Herausgabe eines Katalogs |
1989 |
Henning Christiansen |
Umwälzung - fluxorum organum, EURASIENSTAB ist immer noch Angelpunkt (Beuys gew.), Künstlerhaus Bethanien |
Inventionen 90 |
3 Installationen |
Martin Daske "Folianten", Akademie der Künste Joe Jones "music machines", daad-galerie Joe Jones "The Music Store", Kunstverein Giannozzo |
Inventionen 90 |
Alvin Lucier |
"Klangskulpturen", daad-galerie |
Inventionen 91 |
Franz Martin Olbrisch |
Viele Menschen suchen den Ochsen, doch Wenige haben ihn je gesehen; Ein multimediales Event für 2 Akteure, Tuba, Cello, Schlagzeug, Klavier und Lichtprojektion; Inventionen 92, Bauhaus-Museum |
Inventionen 92 |
LaMonte Young / Marian Zazeela |
Dream House: Sound & Light Enviroment / Magenta Enviroment, Eine Zeit-Installation, bemessen von einer Auswahl von andauernden Frequenzen in Klang und Licht; Ruine der Künste |
Inventionen 92 |
3 Installationen |
Christian Marclay, daad-galerie Martin Riches "Linear Percussion", AdK Stephan von Huene "Drum", AdK |
Inventionen 94 |
Christian Calon |
"The standing man", Ballhaus Naunynstraße (TU-Produktion) |
Inventionen 96 |
Robin Minard |
"4 Räume", Konzertinstallation Parochialkirche |
Inventionen 98 |
6 Installationen in Berlin Mitte |
Martin Riches / Tom Johnson, Parochialkirche José Antonio Orts "comp. infinita" Rathauspassagen Ed Osborn "recoil", Haus des Lehrers Ron Kuivila "engel in erdton", Sophiensäle (Keller) Christina Kubisch "Tafelmusik 2000" Sophiensäle, Hochzeitssaal Wolfgang Mitterer "zeit vergeht", Sophienkirche |
Inventionen 2000 |
Installation Parochialkirche |
David Behrman (singuhr hoergalerie): |
Inventionen 2002 |
Installation daad galerie |
Gordon Monahan: |
Inventionen 2002 |
Installationen |
Robin Minard: "SoundBits 01" (IRCAM, N. Schnell), Auftrag Inventionen Terry Fox: "Litanies of Interference" und "bad installation" Hannah Leonie Prinzler: "_[’d∧zn]" |
Inventionen 2002 |
Installationen |
Ron Kuivila: "Spark Vault", Auftrag Inventionen José Antonio Orts: "Territorio Estelado", Auftrag Inventionen Johannes Sienknecht: "reincarnation" Ludger Hennig: "eisen fern" Franz Martin Olbrisch e.a.: "I got involved in …", Auftrag Inventionen Gerhard Eckel, e.a.: "Grenzenlose Freiheit" Robin Minard / André Bartetzki e.a.: "Rumor", Auftrag Inventionen |
Inventionen 2002 |
Installationen |
Thomas Seelig e.a.: "Several Species…", Auftrag Inventionen Ewa Chamerska: "Klangspiele" Nico Franzke: "!singsing-birds!" Yueyang Wang: "wo bin ich?" Thomas Seelig: "was noch zu sagen wäre …" |
Inventionen 2002 |
Ton-Raum TU Berlin |
Bernhard Leitner mit täglich wechselnden Ton-Raum-Kompositionen |
Inventionen 2002 |
singuhr hoergalerie |
Paul DeMarinis: "Firebirds" & "Tongues of Fire" |
Inventionen 2004 |
Sophienkirche |
Sam Auinger & Bruce Odland (O + A): "Requiem for Fossil Fuels" |
Inventionen 2004 |
Installation daad galerie |
Agostino Di Scipio: "Ökosystemische Installation in einem kleinen halligen Raum" |
Inventionen 2005 |
singuhr hoergalerie |
Nicolas Collins: "Pea Soup" (in Zusammenarbeit singuhr) |
Inventionen 2005 |
Hof am Tesla |
Andres Bosshard e.a.: "GardenOfCodes", 3 telematisch wachsende Klanggärten berlin/köln/florenz |
Inventionen 2005 |
Installation daad galerie |
Robert Normandeau: StrinGDberg" & "Eden" (deep listening room) |
Inventionen 2006 |
Villa Elisabeth |
Kotoka Suzuki / Claudia Rohrmoser: "kreisen", interaktive Videoinstallation |
Inventionen 2006 |
4 Installationen Villa Elisabeth |
Agostino Di Scipio: "o.T." (ökosystematische Klanginst.) Hans Peter Kuhn: "undefined landscape 2" Ed Osborne & stadtmusik: 6 Videoinstallationen |
Inventionen 2008 |
singuhr hoergalerie Wasserspeicher |
Sam Auinger e.a.: Klangspeicher (gr. Wasserspeicher) Michael Moser: "Resonant Cuts" (kl. Wasserspeicher) Akio Suzuki: "oto-date NA GI SA" (Wasserturmumgebung) |
Inventionen 2008 |
TU Berlin Hauptgebäude |
Bernhard Leitner: "Ton-Raum TU Berlin", Extra-Schleife für das Festival Paul Modler e.a.: "sOUNDsPHERE-hOERkUGEL", HfG Karlsruhe |
Inventionen 2008 |
Inventionen 2002 beinhaltete einen 14-tägigen Installationskomplex in einer vorher niemals so dicht veranstalteten Weise. Aus diesem Grunde lohnte die Herausgabe einer CD-ROM mit der Dokumentation aller Arbeiten (Erstellung Hanns Holger Rutz).
In einem geschichtlichen Kommentar heißt es:
14 Klang- und Multimedia-Installationen öffnen neue Räume und vernetzen die Veranstaltungsorte entlang der U-Bahnlinie U2 miteinander. Durch die Vielzahl der teilnehmenden Künstler und die Unterschiedlichkeit der Örtlichkeiten erschließt sich dabei ein ungewöhnlich breites Spektrum aktueller Klangkunst, was sowohl Ästhetik als auch Thematik betrifft.
So wirft Gordon Monahan in der daadgalerie mit computergesteuerten Wassertropfen die Frage nach dem Verhältnis von Technologie und Naturkräften auf. Während es weiterregnet, aktiviert Ron Kuivila im verdunkelten Tresorraum im Untergeschoß der Staatsbank seine Funkenharfen und bricht den perfekt funktionierenden Fluss elektronischer Informationen mit Hilfe chaotischer Systeme. Eine Etage höher setzt sich die Gruppe um Franz Martin Olbrisch mit der Staatsbank und seiner ehemaligen Funktion als Finanzzentrum auseinander. Die Äußerungen der Besucher dienen dabei als klangliches Ausgangsmaterial, dessen spezielle Ausformung durch die aktuellen Börsendaten gesteuert und transformiert wird. Im Hauptgebäude der TU gibt es im Rahmen der Inventionen Sonderpräsentationen von Bernhard Leitners Ton-Raum. Mit 576 Lautsprechern installiert Robin Minard im leeren Schwimmbecken des Stadtbads Oderberger Straße eine Vielzahl unabhängiger Klangquellen, die sich wie Pixel auf einem Computerbildschirm verhalten und Klangbilder erzeugen, die sowohl auditiv wie visuell erlebbar sind. Im Heizraum des Stadtbads, wo vorher das Wasser mit Kohle erhitzt wurde, sorgt nun Terry Fox für die nötige Wärme, indem er seine aus verschiedenen Metallröhren bestehenden Instrumente mit Flammen aus Butangas antreibt.
Ab dem Jahre 2002 kooperierte Inventionen mit der singuhr hoergalerie und realisierte von nun an ein noch breiteres Spektrum von Klangkunst; es kam die Zeit, wo Klangkunst im weitesten Sinn von allen Veranstaltern zeitgenössischer Musik in Besitz genommen wurde, auch in Witten, Donaueschingen, bei Maerzmusik.
Im Programmheft Inventionen 2002 erschien damals ein kurzer Kommentar von mir unter dem Titel "Spiel oder Ernst", in dem ich auch zur Geschichte der Klangkunst im TU-Studio und vor allem zum Lehrangebot Stellung nahm:
Für das Elektronische Studio der TU Berlin begann die Auseinandersetzung mit der jungen Gattung »Klanginstallation« bzw. Klangkunst im Jahre 1985 mit einer Arbeit von Klaus Ebbeke (Ein Raum für Edgard Varèse) in der Galerie Giannozzo, gefolgt 1987 von der ersten TU-Installation "Music for walking under" von Robin Minard für das dem damaligen Studio vorgelagerte TU-Foyer. Im Rahmen von E88 (Berlin – Kulturstadt Europa) verfügte das Studio über einen so ansehnlichen Etat, dass Aufträge für 3 Klanginstallationen für die Kongresshalle (wie das »Haus der Kulturen der Welt« damals noch genannt wurde) erteilt werden konnten: Thomas Born & Anna Heine "hole and hill", Robin Minard "Soundwalls" und Christina Kubisch "iter magneticum". Damit war das Studier-Fach Klanginstallation im Fachgebiet Kommunikationswissenschaften der TU gefragt, und es kam bald, allerdings nicht offiziell im Studiengang bzw. in der Prüfungsordnung, sondern als Wahlfach.
Wie wichtig die Durchsetzung von Lehraufträgen auch ohne Verankerung in die schwerfällige Prüfungsordnung ist, erkennt man daran, dass seitdem insgesamt 83 Klangkunstarbeiten entstanden sind: bereits 1990 fand an der Hochschule der Künste Berlin unter Leitung von Christina Kubisch ein Kompaktkurs statt, der immerhin 7 kleine Klangkunstarbeiten auslöste; von 1992 bis zu seiner Berufung nach Weimar 1997 erhielt Robin Minard regelmäßig einen Lehrauftrag für Klangkunst – unter seiner Ägide bildeten sich Studentengruppen (»Klangfach 6«, EQT), die zunächst in Berlin und dann auch außerhalb meist in öffentlichen Räumen aktiv wurden. Franz Martin Olbrisch hatte sich schon lange Zeit vorher mit Klangkunst beschäftigt, aber ab 1994 bildete sich auch unter seiner Leitung eine Gruppe von interessierten HdK-Studenten mit eigenen Kollektivarbeiten (Renga, senza fine, Klangauge etc.).
Den genannten Künstlern ist es gelungen, fast alle von ihnen betreuten Klangkunstarbeiten nicht im Stadium eines bloßen »Klangspiels«, so wie ich es nun definieren will, zu belassen, sondern jeweils in eine für sich stehende autarke Kunst zu führen. Über das, was hier als Spiel bezeichnet wird,muss »nach«-gedacht werden.
Diese Ausführungen "Spiel oder Ernst" will ich ergänzen durch Angaben zu Klangkunstaktivitäten des Studios selbst, die man im Rahmen des Universitätslebens gebettet und als Teil der Lehre verstehen möge; die Realisierung dieser Klangkunstproduktionen bedarf natürlich eines ganzen Teams bzw. der Hilfe durch Assistenten, die ich hier, herzlich dankend, aufzählen möchte:
Liste der Klangkunstproduktionen im bzw. mit dem elektronischen Studio:
Bernhard Leitner | Ton-Raum, TU-Hauptgebäude | 1984 |
Thomas Born / Anna Heine / Folkmar Hein |
Die Macht der Simulation / Jeu interdit; Videoinstallation Künstlerhaus Bethanien; rev. 1994; veröffentlicht unter DVD SSWP (94) |
1984 |
Klaus Ebbeke |
ein Raum für Edgard Varèse, Galerie Giannozzo (Rolf Langebartels) |
1985 |
Alain Gaussin |
Ausstellungsmusik für Ui Cha, Berliner Kunsthalle an der Gedächtniskirche; Mitarbeit Thomas Seelig |
1985 |
Robin Minard |
Music for walking under, 8-kanalige Klanginstallation TU-Foyer vor dem Studio |
1987 |
Adam Boome |
Excuse music; Video-Performance, u.a. Künstlerhaus Bethanien |
1988 |
diverse; Hein |
"Etagenklänge", zahlreiche Klanginstallationen im TU-Telefunkenhaus |
1988 |
Ulrich Eller |
"Pendel" im Lichthof des TU-Hauptgebäudes |
1988 |
4 Klanginstallationen |
Robin Minard "Soundwall", Kongresshalle Christina Kubisch "iter magneticum", Kongresshalle Takis Konstantin "Sirenen", vor Reichstagsgebäude Born / Heine "holes and hills" |
Audiowerkstatt Berlin / E88 |
Franz Martin Olbrisch |
" Im Anfänglichen läuft keine Spur, wer könnte da suchen..", Performance, Nationalgalerie Berlin & Bürgerhaus am Seepark Freiburg |
1989 |
Adam Boome |
Slide Music, Installation mit 6 Diaprojektoren |
1990 |
Franz Martin Olbrisch |
"Meson", Klanginstallation Bauhütte Klangzeit in Wuppertal |
1991 |
Robin Minard |
"Soundcatchers", Klanginstallation am WZB Berlin (Mitarbeit: H. Becker) |
1991 |
Christina Kubisch |
"Nachtzeit", Klanginstallation im Kino Babylon Berlin; Ultraschallquellen |
1991 |
Hossein Valamanesh |
Klangskulptur für Künstlerhaus Bethanien |
1991 |
Gruppe Klangfach 6 |
"Regenzeit" im Ruinengarten der HdK Berlin (diese Arbeit erhält einen Preis in Maastricht 1993) |
1992 |
Götz Naleppa |
Emotionale Räume - Hommage à Mathias Goeritz; AdK |
1992 |
André Werner |
"Klang - Bild - Architektur 5/VII", Installation Adk, "el eco"-Ausstellung Mathias Goeritz |
1992 |
Robin Minard |
"Stationen", Klanginstallation Kunst in Parochial |
1992 |
Michael Schumacher |
"der ewige E-bow", Klanginstallation im TU-Foyer |
1992 |
Jutta Ravenna, |
Klanginstallationen von Teilnehmern an der LV von Robin Minard im Foyer vor dem Studio |
1993 |
Gruppe Klangfach 6 |
"Unter dem Himmel weht der Wind", Quarnstedt |
1993 |
Sabine Schneider |
"Flüstergarten", im Ruinengarten der HdK Berlin |
1993 |
Franz Martin Olbrisch |
"FM o99,5", Radioinstallation Donaueschinger Msuiktage |
1993 |
Jutta Ravenna |
"InTakt", Klanginstallation auf dem "Forschungsmarkt Berlin" "Stoffwechsel" |
1993 |
Silke Patay |
"Bruchteil", Installation Künstlerbahnhof Westend |
1993 |
Jutta Ravenna |
"Quagga", Klanginstallation beim Irrtonfestival im Podewil "Arche Noah", Klangobjekt Alte Werft Brandenburg "Leiselaute (Feld 3)", Klangobjekt Baum, HdK Berlin bei "Intervall'94" "Planeta", Klanginstallation Petrikapelle Brandenburg "Dauerwelle", Klangobjekt mit 5 bzw. 1 Trockenhauben |
1994 |
Beate Lotz / |
"Sechs Jahre noch", HU Berlin bei Volksuni 94 |
1994 |
Beuermann, Dyffort, von der Driesch, Ravenna, Föllmer, Lebkücher, Lotz, Metz, Stoitchev, Schwibbert |
"Seestück - Hörstück", Rangsdorfer See; Leitung Robin Minard |
1994 |
diverse |
"Renga I - VII", interaktive Gruppenkomposition mit "Kabelsalat", Leitung Olbrisch / Hein / Behles; HdK-Konzertsaal Hardenbergstr. |
1994 |
Christina Kubisch |
"sechs Spiegel (innig, nicht rasch)", Klanginstallation Ludwigskirche Saarbrücken |
1994 |
Klangfach 6 |
"Bogen 51o23' / 7o40'", Klanginstallation in Iserlohn (Klangvisionen) |
1994 |
Gerhard Behles / |
"Wonga", Musikinstallation HdK Berlin (Kongress der ELIA) |
1994 |
Martin Riches & |
A talk about talking; Produktion mit der Talking machine für SFB |
1994 |
Jutta Ravenna |
"Daten-Klangfenster", Klanginstallation im Dom zu Brandenburg "Daten-Klangfenster 2", Klanginstallation Petrikapelle Brandeburg "Daten-Klangfenster 3", Klanginst. Podewil, Projekt "Musik und Licht" (Video A. Lux) |
1995/96 |
diverse |
"senza fine", Gruppenkomposition, Leitung Olbrisch / Hein / Behles SFB-Hörgalerie, Freiburg, Dresden, Hoferges. Berlin |
1995/96/97 |
diverse |
"Feldwärme" von Jutta Ravenna ("Dom") "Drrr... " von Golo Föllmer "Swing" von Dirk Schwibbert "Das Pendel", von David Sanchez (Foyer) im Mathegebäude der TU Berlin bei »Klangfenster ’95« der INM Berlin. Im Rahmen dieser Klanginstallationen fand vom 13.-17.11. ein öffentlicher Workshop "Klanginstallationen" mit den Künstlern unter Leitung von Robin Minard statt |
1995 |
Martin Daske e.a. |
Migration. Mischung von 7 Klanginseln (darunter eine TU-Insel) für eine internationales RadioInstalltion "horizontal radio"; federführend in Berlin SFB4 Multi Kulti; Straßenbahndepot Moabit. Technik: Feiten, Spitzer Darunter "Men, Women, Train" von Christian Calon |
1995 |
Robin Minard |
"Klangstille" Mathe-Bibliothek TU Berlin "Zwischengeräusche(n), Karl-Hofer-Ges. Berlin "Silent Music", Warschauer Herbst |
1995 |
Gruppe EQT |
Ruine; Inst. für Kindertagesstätte Kulturbrauerei |
1996 |
Christina Kubisch |
"über die Stille", Orangerie Schlosspark Donaueschingen (später bei sonambiente Berlin), Licht-Klang-Raum-Installation |
1997 |
Ravenna / Behles / Stoitchev |
Klanginstallationen im Rahmen der Ausstellung "Schall und Rauch" |
1997 |
Jutta Ravenna |
Chipmusic, Datenwand I & II" |
1997 |
David Sanchez |
Ruine der Kinder (anfänglich mit Gruppe EQT) |
1997 |
Dirk Schwibbert |
2 Klanginstallationen in der singuhr-hoergalerie und SOMA-Projektgalerie |
1997 |
Christina Kubisch |
"MausWare", Hawerkamphalle Münster (post naturam) ""Dreaming of a Major Third", North Adams Mass "Mausoleum", Eingangsfoyer AdK Berlin "Zehn Signale", Rischbachstollen St. Ingbert "Bostonglasssymphony", Permanentinst. MASSMoCA "Tafelmusik 2000" für Hochzeitssaal Sophiensäle Inventionen 2000 |
1998 |
Werner Cee |
"Luftbrücke", 8-kanalige Installation zur Tagung Fak 1 "50 Jahre Luftbrücke Berlin" |
1998 |
Jutta Ravenna |
"Daten-Klangfenster (Feld 3)", großes Studio TU (Geschenk der Autorin) "Datenklangsäule (Feld 3)", Berlin Hellersdorf, Bildhauersymposium "Datenklangsäule (Feld 4) - "welcome to this church", Mathebau TU "Klangstaub", Klanginstallation Petrikapelle Brandenburg |
1998 |
Christiane Seiler |
"Tegel - Alexanderplatz", U-Bhf Alexanderplatz, "Aufbruch/ Gefängnis" |
1998 |
Robin Minard |
"4 Räume", 16-kanalige Klanginstallation in der SFB-Klanggalerie im Rahmen Inventionen 98 |
1998 |
Flori Reifenberg |
Re_Mustered in Berlin", Bundesumweltamt |
|
Christina Kubisch |
"zwei Räume", Bartholomäuskirche Paderborn / Quellkeller Kaiserpfalz "3 trees...", Barcelona "Oase 2000" in Heidelberg (Gegenwelten-Festival) "der Glocken Schlag" / "12 Signale", Matthäuskirche (Jahrtausendwende!) und bei Ultraschall 2000 |
1999/2000 |
Olbrisch & Schwibbert |
Klanginstallationen Wittener Tage für Neue Kammermusik |
1999 |
Robin Minard |
"Nachklang", Bespielung 3 Türme in Weimar (Herderkirche, Schlossturm, Rathausturm) 3 Mal am Tag, Weimar - Kulturstadt Eu. |
1999 |
Peter Ablinger |
Weiss / Weisslich 12 (Stille von Kirchen) |
1999 |
Hans Wesker |
"Verschollene Feste", Hauptkirche St. Jacobi Hamburg "Zeitränder", allg. Konsumverein Braunschweig |
1999/2001 |
Kirsten Reese |
"Der tönende See", Böbereckensee Rheinsberg |
2000 |
Georg Klein |
"Wel-come", Klanginstallation Wiepersdorf |
2000 |
Teige / Kranz / Plewe |
Studie zur Corkenschen Kommunikationsinterpolation, Künstlerhaus Bethanien |
2000 |
Orm Finnendahl |
"Kommen und Gehen", Klanginstallation Deutscher Pav. Expo Hannover |
2000 |
Christina Kubisch |
"Wall Blue / Wall Red", Mattress Factory |
2001 |
diverse |
"A-Line", |
2001 |
Christina Kubisch |
"Diapason", Glockenraum Parochialkirche "Statthalter", Winterkirche Rarochialkirche (für Gemälde) "Vier Tafeln", Foyer Parochialkirche Klanginst. für Brauhaus Unna mit Glas |
2002 |
Robin Minard |
"Sutra", Friedenskirche Jena ("sakrale Räume") |
2002 |
Ebba Rohweder |
"Deseos, Piedras, Cielo y Jirones", Installation Madrid |
2002 |
diverse |
Piramide; Gruppenarbeit unter Leitung F. M. Olbrisch in und um Pyramide TU-Nordgelände |
2002 |
diverse |
"I got involved in something I realize…", Gruppeninst. staatsbank "Grenzenlose Freiheit", staatsbank; Eckel / Teige / Rumori (weitere Auff.!) "several species", SFB-Klanggalerie |
2002 Inventionen 2002 |
Christina Kubisch |
"East of oasis", Klanginstallation Tokio "Armonica", Schloss Ettersburg / Weimar "Marine Remix", Club Transmediale in Versuchsanst. Wasserbau TU "Lichthimmel", Permanentinst. Gasometer Oberhausen |
2003/04/06 |
Kirsten Reese |
"Hallenfelder", Turnhalle Realschule Donaueschingen |
2006 |
Kotoka Suzuki |
"Kreisen", interaktive Videoinst. Villa Elisabeth, Inventionen 2006 |
2006 |
Mario Verandi |
"Klangbuch der imaginären Wesen", Donaueschingen |
2007 |
Ellen Fellmann |
"Schwarz", Edith-Ruß-Haus Oldenburg |
2007 |
Julius Stahl |
Tocar, Installation zum next-generation-fest ZKM Karlsruhe Umgebung, Arbeit mit Klangwürfeln |
2007 |
Folkmar Hein, 2010